predsednik NSKS, Valentin Inzko (slika: Sissi Furgler)
Slika: predsednik NSKS, Valentin Inzko (slika: Sissi Furgler)

Predsednik NSKS, dr. Valentin Inzko, o koroški deželni ustavi

Dr. Valentin Inzko – Obmann des Rates der Kärntner Slowenen / Narodni svet koroških Slovencev zur Kärntner Landesverfassung:

 

„Tiefe Betroffenheit der Volksgruppe und mangelnde Kenntnis der Geschichte Kärntens“

 

„Wenn man Kärnten liebt, so muss man es lieben, wie es ist und muss es als Ganzes lieben.“

 

Der Schwenk der Kärntner ÖVP,  ausgesprochen durch Landesparteiobmann und Landesrat Christian Benger, aus der von ihm selbst vorgeschlagenen und innerhalb der Regierungskoalition vereinbarten Textierung, „dass die Fürsorge des Landes und der Gemeinden den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen gilt“, löste unter den Angehörigen der slowenischen Volksgruppe und weit darüber hinaus Unverständnis und tiefe Betroffenheit aus.

 

Umso mehr, als dieses Versprechen vom Landtag, beinahe wortgleich, bereits am 29. September 1920, zwei Wochen vor der Volksabstimmung, ausgesprochen wurde. „Die  Kärntner  Landesversammlung  erklärt ...  namens der von ihr vertretenen Bevölkerung, dass sie den slowenischen Landsleuten ihre sprachliche und nationale Eigenart jetzt und allezeit wahren will und dass sie deren geistigem und wirtschaftlichem Aufblühen dieselbe Fürsorge angedeihen lassen wird, wie den deutschen Bewohnern des Landes“.

 

Noch deutlicher hat dies Bundeskanzler und ÖVP Obmann Dr. Josef Klaus in Klagenfurt am 9.5. 1965, zum 10. Jahrestag des Staatvertrages, zum Ausdruck gebracht: „Ich möchte nur sagen, dass diese slowenische Sprache und diese  slowenische Kultur zu Kärnten gehört, und wenn man Kärnten liebt, so muss man es so lieben wie es ist und muss man es als ein Ganzes lieben. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie legten Kärntner Slowenen schon damals ein Bekenntnis  zur demokratischen Republik Österreich ab, als sich ein großer Teil von ihnen für Österreich entschied. Es gebührt Ihnen heute noch Dank und Anerkennung“.

 

Wenn nun die Haltung der Kärntner ÖVP von jener ihrer Gründerväter abweicht und sie in dieser Frage nun jener der Kärntner FPÖ gleicht, ist das erschütternd und ernüchternd zugleich. Denn die Absätze 1, 2 und 3 des Artikel 7, Staatsvertrag von Wien neben der Staatszielbestimmung im Artikel 8 der Bundesverfassung und dem Friedensvertrag von St. Germain sind  Teil der österreichischen Verfassung, auf die jeder in Österreich tätige politische Mandatar das Gelöbnis abgelegt hat. Dies muss aus gegebenem Anlass in Erinnerung gerufen werden.

 

Mit der Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der neu zu beschließenden Landesverfassung würde man auf der einen Seite lediglich die verfassungsrechtlichen Vorgaben in die Tat umsetzen, andererseits den geschichtlichen Gegebenheiten Kärntens Rechnung tragen. Dies wäre von großer symbolischen Bedeutung für das Land und dessen Bevölkerung, für die Republik Österreich und deren internationale Reputation und ein deutlicher Beweis dafür, dass man die slowenische Volksgruppe schätzt, sie als gleichberechtigt akzeptiert und dies als Bereicherung der sprachlichen und kulturellen Buntheit dieses Landes auch in der Verfassung niederschreibt.

 

Sollte das Argument von Lokalpolitikern „Das Slowenische kommt bei den Menschen nicht an und muss deshalb raus!“ , beim Schwenk der ÖVP maßgeblich gewesen zu sein, zeugt das von Unkenntnis der Geschichte Kärntens und ist als Haltung einer in der Geschichte der 2. Republik  staatstragenden Partei inakzeptabel. Die Herzogeinsetzung fand bis 1414 in altslowenischer Sprache statt, seit es Kärnten gibt, gab es in diesem schönen Lande zwei Sprachen. Und dadurch auch doppelte Chancen.

 

Kärnten hat nach der bekannten Politik des früheren Landeshauptmannes Haider, der öffentlich gemeint hat, „Kärnten werde wieder einsprachig“ einen Neustart mehr als notwendig. Ein Rückfall in diese Zeit, die dem Land Kärnten nachhaltig geschadet hat, darf nicht passieren.

 

Besorgniserregend ist die Haltung  Bengers in Zusammenhang mit der Kärntner Landesverfassung auch deshalb, weil er als zuständiger Landesrat und Kulturreferent maßgeblich für die Umsetzung der Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung ist, die sowohl in der Vorbereitung als auch in der geplanten Umsetzung im zweisprachigen Bereich Kärntens das Gemeinsame und Verbindende in Kärnten in den Vordergrund stellen soll.

 

Der Rat der Kärntner Slowenen / Narodni svet koroških Slovencev steht weiterhin für den konstuktiven Dialog  der Volksgruppe mit den politischen Verantwortlichen im Land, auch mit der Volkspartei, und ist bereit  für die Zukunft des Landes zu arbeiten, in welchem die hier lebende Volksgruppe als sprachlicher und kultureller Reichtum gesehen und deshalb in der neuen Landesverfassung als Selbstverständlichkeit verankert werden soll.

 

Die ÖVP muss aber in einer Klausur auch ihren eigenen Weg suchen und finden. Ob sie sich als christlichsoziale und europäisch orientierte Partei positionieren will oder als deutschnationale. Das eine geht oder das andere, aber nicht beides.

 

Sollte man weiter an einem Kompromiss arbeiten, so bietet sich der Wortlaut vom 29. September 1920 an. Dieser bereits vorhandene Text könnte in der neuen Kärntner Landesverfassung bekräftigt werden. Dieser müsste wohl mehrheitsfähig sein, wie damals, vor beinahe 100 Jahren.