Bild: 10. Jahrestag der Ortstafelregelung, Ostermayer – „Liste mit 163 Ortschaften“

10. Jahrestag der Ortstafelregelung, Ostermayer – „Liste mit 163 Ortschaften“

Am 12. Dezember 2010 hat Staatssekretär Ostermayer dem Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler laut Kleine Zeitung die fertige Liste der Ortstafeln überreicht. „Da habe ich erstmals eine Liste mit 163 Ortschaften vorgelegt, die zweisprachige Ortstafeln bekommen könnten. Da war klar, dass es eine Lösung geben würde.“ Dörfler bestätigt: „Wir hatten die Zielgerade erreicht!“. Dies geschah, wie gesagt, alles Monate vor der Aufnahme der Verhandlungen mit der Volksgruppe im Feber 2011.

Diese Überreichung fand anlässlich des jährlich wiederkehrenden Weihnachtskonzerts des Grenzlandchors Arnoldstein im Wiener Musikverein statt.

Vorher traf Ostermayer mit LH Dörfler wiederholt „heimattreue“ Organisationen wie den Abwehrkämpferbund und dessen Obmann Gallob, aber auch zwei Slowenenorganisationen. Aus Zeitungsmeldungen ist z. B. das Treffen vom 10. November 2010 bekannt geworden, als laut Kleine Zeitung bei einem Treffen im Lavanttal ein „Durchbruch“ erzielt wurde (Bericht vom 11. 11. 2010). Mit den als slowenenfeindlich bekannten Verbänden sei ein Ortstafelrahmen ausgehandelt worden (von „mehr als 141 und weniger als 163“ sprach Ostermayer, „von 141 bis maximal 149“ berichtete Dörfler). Laut Kleine Zeitung traf „Ostermayer auch die Slowenenvertreter Marjan Sturm und Bernard Sadovnik“. Schon damals jedoch drohte der Herr Landeshauptmann, der diese Drohung mehrmals wiederholte: „Wer jetzt umdreht, tut dem Land nichts Gutes“.

Auch Nanti Olip fand am 3. 2. 2011, als die „Verhandlungen“ aufgenommen wurden, durch Zufall auf einem Schreibpapier eines Kabinettsmitgliedes des Landeshauptmannes eine Notiz einer Vorbesprechung vom Vortag: „Ortstafeln: Abwehrkämpferbund 149, Slowenenverbände 152“.

Die Heimatorganisationen setzten für ihr Wohlwollen eine Obergrenze von 163 Ortstafeln fest, weshalb auf Grund eines ausgeklügelten Systems nicht nur die 10% Klausel des Verfassungsgerichtshofs umgangen und 17,5% eingeführt wurden, sondern es wurden auch Orte mit über 50% Slowenenanteil ausgeschieden:

Grablach/Grablje (56,4 %), Polena/Polane (56,3 %), St. Johann/Ščedem (64%) oder Pudab/Pudab (65 %) und weitere sechs Ort mit 26 % - 55 % Volksgruppenanteil, nur weil sie weniger als 31 Einwohner hatten. Dies war bei einem Ort bei Hermagor mir 36 % Slowenenanteil (Brugg/Moste) besonders schmerzlich. Dieser hatte zwar 31 Einwohner, eifrige Beamte der Landesregierung fanden jedoch heraus, dass sich darunter drei Bürger aus der Bundesrepublik befanden. So wurde der Ort gestrichen. Ebenfalls gestrichen wurde Dobein/Dobajna in der Gemeinde Keutschach/Hodiše mit 26,3 % Slowenenanteil, nur weil der FPÖ Bürgermeister und der FPÖ Landeshauptmann die Aufstellung der Ortstafeln um jeden Preis verhindern wollten (Dörfler: „Gefahr von sozialen Unruhen“). Oder es wurden Ortsnamen eliminiert, weil sie in beiden Sprachen gleichlautend sind (z.B. Pudab). Als Konsequenz entfällt aber dort Slowenisch als Amtssprache.

Dies geschah alles Monate vor der Aufnahme der Verhandlungen mit der Volksgruppe im Feber 2011.

Mitten in den „Verhandlungen” gab es auch folgendes zu lesen: 3. April 2011 die Tageszeitung Österreich: „Ostermayer hat sich mit Landeshauptmann Dörfler geeinigt: Bei 17,5% slowenischsprachiger Bevölkerung kommen Ortstafeln.“ Eine Einigung zwischen dem Herrn Staatssekretär und dem Herrn Landeshauptmann, ohne Slowenen also, vier Wochen vor der Unterzeichnung des Memorandums. Eine Regelung „Über uns, ohne uns!“

Schließlich äußerte sich nach den Verhandlungen auch Landesrat Uwe Scheuch kristallklar: „Wir (die FPK) haben uns zu 100% durchgesetzt.“ Für die Volksgruppe blieben demnach 0% bei denen sie sich hätte durchsetzen können. FPK-Obmann Uwe Scheuch war laut Medienberichten hocherfreut: „Alle von den Freiheitlichen geforderten Punkte wurden umgesetzt“ (siehe Kleine Zeitung vom 26. 4. 2011), erklärte er und stellte außerdem eine von der Minderheit abgelehnte Volksbefragung in Aussicht.

Erst zwei Monate später, am 2. Feber 2011 wurden nämlich (Schein)Verhandlungen aufgenommen, die mit einer Unterschrift am 26. April besiegelt wurden.

Der zehnte Jahrestag sollte also richtigerweise am 12. 12. 2020 begangen, wenn auch nicht gefeiert, werden.

Die „Verhandlungen“ und der Ortstafelkompromiss hinterließen bei der Volksgruppe einen schalen Nachgeschmack, ein Gefühl der Verbitterung und des Hintergangen werdens, ein Gefühl der viel zu leichtfertigen Missachtung der 10% Klausel des Verfassungsgerichtshofes, der inhaltlich der Logik der Vorgaben aus dem Artikel 7, Staatsvertrag von Wien, gefolgt ist.

Im April, am 10. Jahrestag der Unterzeichnung des Memorandums wird daher jedenfalls Bilanz zu ziehen sein, im Hinblick auf die Staatsvertragskonformität des gefundenen Kompromisses und vor allem in Hinblick auf das Versprechen, dass die Arbeiten am  Volksgruppengesetz „neu“ zügig fortgesetzt werden.