Bild: 50 Jahre Ortstafelsturm, 50 Jahre Synode und Versöhnung

50 Jahre Ortstafelsturm, 50 Jahre Synode und Versöhnung

Nur wenige Tage nach dem Ortstafelsturm und der Klagenfurter Großdemonstration am 15. Oktober 1972 gegen 205 Ortstafeln, ist es der katholischen Kirche gelungen, ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen den Deutschen und Slowenen in Kärnten aufzuschlagen.

Es wurde nämlich der Antrag betreffend das "Zusammenleben" der beiden Volksgruppen mit großer Mehrheit von 122 der 164 anwesenden Synodalen angenommen. 

Dem vorangegangen war die mutige Abbitte des Synodalen Prof. Valentin Inzko, der auch im Hinblick auf die 1945 verschleppten und ermordeten Landsleute im Namen der Volksgruppe erstmals für das den Deutschen zugefügte Leid "um Verzeihung" gebeten hat. "Wenn Dr. Inzko Abbitte für zugefügtes Leid, das die Slowenen den Deutschen bereitet haben, leistet, dann ist es angebracht, dass auch die Deutschen genauso demütig für das Unrecht um Vergebung bitten, das die Deutschen im Verlauf der mehr als 900-jährigen gemeinsamen Geschichte den Slowenen an Leid zugefügt haben", betonte daraufhin der Villacher Rechtsanwalt Dr. Helmut Ebner in einer Rede. Das Eis war gebrochen. Dr. Inzko bekräftigte in späteren Jahren, dass die Versöhnung in der Kirche Kärntens keine Taktik oder Strategie war, denn dann wäre sie sicher gescheitert, sondern ein zutiefst christliches Anliegen. Er sprach auch von der Anwesenheit des Hl. Geistes. 

Laut dem angesehenen Religionspädagogen Dr. Josef Till bedeutete diese Entschuldigung "den entscheidenden Durchbruch für das Gelingen der Synode". Dr. Till nennt das Synodaldokument die "Magna Charta" der Zweisprachigkeit in der Kirche Kärntens. Dieses Dokument ist untrennbar auch mit dem Namen Dr. Ernst Waldstein verbunden, getragen wurde es aber von einer großen Mehrheit der deutschen und slowenischen Synodalen. Das ist wichtig festzuhalten, denn der Versöhnungsgedanke musste hinausgetragen werden in die Pfarren und die neu gegründeten Pfarrgemeinderäte. Dort wurde oft in eisiger Atmosphäre, häufig bei ebenso eisigen Temperaturen in mühsamer, geduldiger und langjähriger Kleinarbeit die Zusammenarbeit der beiden Volksgruppen in den Vordergrund gestellt, ohne jedoch Konflikten aus dem Weg zu gehen. Diese Pfarrgemeinderäte wichen schwierigen Fragen niemals aus und sie versuchten Synergien zu erzeugen. Dr. Waldstein nannte sie einmal auch Wegbereiter der Konsensgruppe, die 33 Jahre später ins Leben gerufen wurde. 

Begleitet wurde die Tätigkeit des Slowenisch - Deutschen Koordinationsausschusses von der einvernehmlich von Dr. Waldstein und Dr. Inzko herausgegebenen Publikation "Gemeinsames Kärnten", wo auf über 11.000 Seiten u.a. die Geschichte Kärntens aufgearbeitet wurde. Wie aufgeladen die Atmosphäre damals war, davon zeugt auch die Tatsache, dass das erste Historikerseminar im Salzburg stattfinden musste, nicht in Kärnten. 

Der Obmann des Volksgruppentages des Rates der Kärntner Slowenen, Nanti Olip, betont, dass die Zweisprachigkeit in der katholischen Kirche Kärntens ab diesem Zeitpunkt zur "Selbstverständlichkeit geworden" ist. Die Kirche spielte eine Vorreiterrolle, die von staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen mit einem zeitlichen Abstand Nachahmung gefunden hat. Auch bei der Entschuldigung für Versäumnisse im politischen Bereich. 

Obmann Olip meint zusammenfassend, dass es angemessen und gerecht sei, einerseits des Ortstafelsturmes und andererseits des Weges zu gedenken, den die katholische Kirche Kärntens, diese Woche, vor 50 Jahren, eingeschlagen hat, und auf den sie zu Recht stolz sein kann. 

Die Kärntner Slowenen sind ebenso stolz auf die Pioniere der Versöhnung, Dr. Waldstein und Dr. Inzko, wobei letzterer auch langjähriger Mitarbeiter und Vorsitzender des Rates der Kärntner Slowenen war. 

Angesichts der Situation der Kirche weltweit wird jedoch auch die Kirche in Kärnten nicht umhinkönnen, auf den bisherigen besten Erfahrungen und Praxen, Neues aufzubauen und die Zukunft der Kirche Kärntens ein weiteres Mal neu zu gestalten, wie vor genau 50 Jahren.