Peršman und der Staatsvertrag
Bereits gegen Ende des Jahres 1943 wurde in der Moskauer Erklärung von den Großmächten festgehalten, dass Österreich, das als erstes freie Land der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer gefallen ist, von deutscher Herrschaft befreit werden soll. Gleichzeitig wurde daran erinnert, dass „Österreich für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und dass anlässlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird."
Gerade rund um den Peršmanhof, hin bis Zell/ Sele und darüber hinaus, gab es Widerstand der Kärntner Slowenen, der der einzige bewaffnete sein sollte und so zur Befreiung Österreichs beigetragen hat und mit dem Artikel VII belohnt wurde.
Und ausgerechnet hier ist es zu einer massiven Verletzung dieses Staatsvertrages gekommen, des Staatsvertrages, der nicht zur Gänze umgesetzt ist, aber in Leppen/ Lepena bzw. Koprein/ Koprivna voll zur Anwendung hätte kommen sollen.
Bad Eisenkappel/ Železna Kapla ist amtlich eine zweisprachige Gemeinde, es verfügt über ein zweisprachiges Schulwesen, Eisenkappel ist aber darüber hinaus Sitz eines zweisprachigen Gerichts. Das Verfahren gegen die Betroffenen hätte, entsprechend den Bestimmungen des Staatsvertrages und des Volksgruppengesetzes auf jeden Fall in slowenischer Sprache stattfinden sollen.
Der Rat der Kärntner Slowenen unterstützt und begrüßt deshalb das Einschreiten von Mag. Rudi Vouk, der in schriftlicher Form auf die massiven Verfahrensmängel und Verletzung des Staatsvertrages hingewiesen hat.
Mag. Vouk, Vorsitzender des Vereins der Kärntner slowenischen Juristen, rief in Erinnerung, dass Reformvorschläge schon längere Zeit vorliegen, wonach die zweisprachige Gerichtsbarkeit auf das Landesgericht Klagenfurt/ Celovec, die Bezirksgerichte Klagenfurt/ Celovec, Villach/ Beljak und Völkermarkt/ Velikovec ausgeweitet werden soll.
Sollte dies nicht umgehend geschehen, wird die Polizeiaktion am Peršmanhof und die Initiative der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt eine zusätzliche und unangenehme Dimension erfahren. Der „Fall Peršmanhof“ könnte vor österreichischen Höchstgerichten und in weiterer Folge vor den europäischen Gerichten behandelt werden müssen. Als Bestätigung und negatives Beispiel des Umgangs mit der Volksgruppe.
Mit dem wenig überzeugende Argument, das es um den Erhalt der drei kleinen Bezirksgerichte gehe, darf die Ausweitung der zweisprachigen Gerichte auf Villach, Klagenfurt und Völkermarkt unter keinen Umständen weiter hinausgezögert werden.
Es muss alles unternommen werden, einer Retraumatisierung der Volksgruppe in Kärnten/ Koroška entgegenzuwirken. Und es muss alles unternommen werden, die Auftraggeber des Einsatzes am Peršmanhof und ihre Motivation für den Einsatz bekannt zu geben. Die Jugendlichen des Feriencamps erwarten dies, die Volksgruppe als Ganzes ebenfalls und die rechtsstaatliche Öffentlichkeit Österreichs. Weiters darf festgehalten werden, dass Kommissionen nützlich sind und notwendig, dass sie jedoch politisches Handeln und gesetzliche Maßnahmen nicht ersetzen können. Außerdem ist Tempo geboten. Der Staatsvertrag beging in diesem Jahr seinen 70. Jahrestag.