©Fotos: Carina Karlovits und Peter Lechner/HBF
Bild: ©Fotos: Carina Karlovits und Peter Lechner/HBF

Österreich feiert Errichtung der Republik

Nach 100 Jahren: Eine Erfolgsgeschichte mit offenen Fragen

Am Montag vor 100 Jahren wurde vor dem Parlament in Wien die „Republik Deutsch-Österreich" ausgerufen. Einen Tag zuvor hatte Kaiser Karl I. „auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ verzichtet. Der Sozialdemokrat Karl Renner stand als Staatskanzler einer Großen Koalition von Sozialdemokraten und Christlichsozialen vor. Diese bestätigte auch die erste Wahl der Republik am 16. Februar 1919. Erstmals durften auch Frauen ihre Stimme abgeben. Am Festakt in der Wiener Staatsoper anlässlich des 100. Jahrestages der Republik hat für den Rat der Kärntner Slowenen (NSKS) Obmann Dr. Valentin Inzko teilgenommen.

Wie der gewählte Staatsname verdeutlichte, war der Zusammenschluss mit Deutschland erklärtes Ziel des jungen Staatsgebildes, des Staates „den niemand wollte“. So stand auch in Artikel zwei des am 12. November beschlossenen Staatsgesetzes, dass das Land Teil der deutschen Republik sei. Den Plänen machten jedoch die alliierten Siegermächte einen Strich durch die Rechnung. Im Staatsvertrag von Saint-Germain wurde 1919 ein Unabhängigkeitsgebot für Österreich festgeschrieben. Der am 21. Oktober 1919 ratifizierte Vertrag legte auch „Republik Österreich“ als Namen des jungen Staates fest. Erfreulicherweise wurden in den Artikeln 66-69 für die Minderheiten Rahmenbedingungen festgelegt. 

Die Wahl der Festrednerin fiel auf die Schriftstellerin Maja Haderlap, einer Kärntner Slowenin. „Dies ist eine symbolische Geste, die die sprachliche und kulturelle Vielfalt unseres Landes widerspiegelt, ihr Platz einräumt und auf den Beitrag der Kärntner Slowenen und Sloweninnen sowie aller österreichischer Minderheiten am Erfolgsprojekt Republik Österreich verweist“, so Valentin Inzko. 

Die Festrednerin Maja Haderlap zum Jahr 1918: „Im politischen Feld zwischen Krieg und Frieden, zwischen Repression und sozialem, kulturellem Aufbruch, zwischen Rezession und einem langen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Fortschritt bewegt sich die Geschichte der Republik Österreich … Was aus dieser Zeit, wie ich glaube, bis heute nachklingt oder nachwirkt, ist neben der Gegenwart mannigfacher kulturhistorischer Denkmäler und Monumente, ein melancholischer Grundton des Heimatverlusts. Diese Verlustempfindung hat die österreichische, die Kärntner slowenische und burgenländisch kroatische Volkskultur geprägt.“

Für die Kärntner Slowenen und Sloweninnen stelle die neue Republik Österreich einen Paradigmenwechsel dar. Von nun an war man Minderheit in einem Staat, der sich mit seiner Betonung auf die Mehrheitssprache als „Republik Deutsch-Österreich“ bezeichnete und somit dem Selbstzweifel Ausdruck verlieh. Grundrechte waren zwar im Staatsvertrag von Saint-Germain festgeschrieben, die Umsetzung dieser ließ jedoch viele Fragen offen. Der Druck auf die slowenische Volksgruppe stieg stetig an und immer mehr verließen die ihnen angestammte Sprache und Kultur. Die Kärnten Volksabstimmung hatte auch zur Folge, dass viele von ihnen, vor allem die Bildungsschicht, das Land verlassen mussten. Die wirtschaftliche Depression traf auch die ländliche Bevölkerung Südkärntens hart und war einer jener Momente, die dem Zweiten Weltkrieg Tür und Tor öffnete. Es war ein Weltkrieg, der für die slowenische Volksgruppe in Kärnten zum Überlebenskampf wurde.

„Meine Großmutter behauptete drei Kriege überlebt zu haben, den Ersten Weltkrieg, den Kärntner Abwehrkampf und den Zweiten Weltkrieg“, so Maja Haderlap in ihrer Festrede.

Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts lassen kaum Zeit um Rückschau zu halten und Lernprozesse in Gang zu setzen. Die Geburtsstunde der Republik Österreich ist jedoch im Hinblick auf das Erreichte ein Moment der aufrichtigen Freude und Besinnung. Sie ist aber auch Anlass, um auf aktuelle offene Fragen zu verweisen. „Was die slowenische Volksgruppe in Kärnten betrifft, so bedeutet dies, dass wir diese offenen Fragen im konstruktiven Dialog und im Geiste der kürzlichen Republikfeier – wo das Verbindende im Vordergrund stand – lösen wollen“, so der Obmann des Rates.